Winnenden: Hauptübung der Feuerwehr auf dem Gelände der psychiatrischen Klinik

25.04.23 - 09:00 - Marc Schmidt
Von Wolfgang Gleich Aktualisiert: 24.04.2023 08:49 Veröffentlicht: 24.04.2023 00:00

Ein Nachmittagsidyll, wie man ihn sich nur wünschen kann: Frühlingstemperaturen, ein Windhauch, Spaziergänger flanieren Wege entlang, Vogelgezwitscher allenthalben wird von einem irgendwo weit weg ratternden Rasenmäher unterbrochen. Ein fuchsrotes Eichhörnchen huscht ohne Scheu zwischen den Blumenrabatten, in denen Tulpen in allen Farben ihre Blütenpracht zur Schau tragen. Ein einsamer Seiltänzer hat zwischen uralten Robinien sein Seil gespannt, trainierte darauf seinen Gleichgewichtssinn.

Die Abteilung Zipfelbach bleibt in Alarmbereitschaft

Unvermutet heulen Martinshörner, flackert Blaulicht auf Fahrzeugdächern. Einsatzfahrzeug um Einsatzfahrzeug vom Feuerwehr, Roten Kreuz und Malteser Hilfsdienst rollen durchs Haupttor aufs Gelände. Vorneweg die rollende Kommandozentrale, dahinter Lösch- und Tanklöschfahrzeuge, schließlich kommt auch noch die brandneue Drehleiter.

Doch es ist kein Einsatz, sondern "nur" die Hauptübung der Winnender Feuerwehr, mit den Abteilungen Stadtmitte und Buchenbach, die Abteilung Zipfelbach steht in Alarmbereitschaft, falls irgendwo parallel zur Übung der Ernstfall eintritt, erklärt Kommandant Yosh Dollase.

Der erste Weg führt bei dieser Übung den Einsatzleiter zur Brandmeldezentrale. Dort kann er ablesen, welcher Brandmelder, in welchem Gebäudeteil angeschlagen hat, sich orientieren und die Einsatzkräfte einweisen. Künstlicher weißer Rauch dringt mittlerweile aus dem zweiten Obergeschoss eines Gebäudeteils, elektrisches Licht simuliert ein vor einem Fenster tanzendes Flammenmeer.

Insgesamt fünf Angriffstrupps mit schwerem Atemschutzgerät dringen ins Gebäude ein, durchsuchen den betroffenen Flügel und "retten" acht "verletzte Personen", die eingeschlossen sind. Sie werden aus dem Gebäude heraus auf die Wiese davor gebracht und den Ersthelfern übergeben. Diese wiederum, erläutert Pressesprecher Florian Claß, teilen sie ein: leicht, schwer und lebensgefährlich verletzt. Entsprechend der Dringlichkeit würden sie im Ernstfall versorgt.

Das ehemalige Schloss stellt besondere Herausforderungen


Eine neunte Person wird über die Drehleiter "gerettet", die bis ans Fenster ausgefahren wird, hinter dem sie wartet. Bürgermeister Hartmut Holzwarth, unter den "Zuschauern", begeistert sich an der "Punktgenauigkeit", mit der die Leiter herangefahren wird, und wie das Einladen der zu Rettenden reibungslos und mit nur wenigen routinierten Handgriffen vonstattengeht, trotz der schmalen Fensteröffnung. Der Feuerwehreinsatz in einem ehemaligen Schloss, sinniert er, stelle eine besondere Herausforderung an das Können der Einsatzkräfte dar. Wie man sehe, bewältige die Wehr dies vorbildlich.

Für einen Moment kommt so etwas wie Hektik auf. Mit dumpfem Knall löst sich ein unsauber angeflanschter Löschschlauch von einem der Einsatzfahrzeuge. Ein Strom Löschwasser ergießt sich auf Fußweg und Wiese, ehe die Schlauchleitung zwischen Fahrzeug und Hydrant wieder geschlossen ist.

Die beiden Krankenhäuser in der Stadt gehörten zu den Objekten, erklärt Dollase, denen alle Abteilungen der Winnender Feuerwehr ihr besonderes Augenmerk widmen. Wie schnell es im Brandfall zu einer Tragödie kommen könne, habe man erst im Januar bei einem Brand in einer Pflegeeinrichtung in Reutlingen gelernt, bei dem drei Menschen ihr Leben verloren.

Eine zusätzliche, wirklich spannende Herausforderung, meint der ehemalige stellvertretende Feuerwehrkommandant Helmut Schirmer, komme auf die Winnender Wehr zu, wenn die beschlossene forensische Maßregelvollzugseinrichtung auf dem Gelände einmal in Betrieb sein werde. Dort müsse dann für den Brandfall nicht nur das Löschen und Bergen geübt werden, sondern auch das Betreuen der Insassen, der Umgang mit ihnen und womöglich die Eigensicherung der Einsatzkräfte.

Zu tun haben an diesem Nachmittag auch Michiko Pubanz, die Leiterin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Klinikums Schloss Winnenden, der Technische Leiter Jürgen Mattauch und der Brandschutzbeauftragte Mathias Paasche. "Wir schauen zu, beobachten und lernen", nämlich, wie man die eigenen Brandschutzbestimmungen kontinuierlich weiter entwickeln und anpassen könne. Mit der Feuerwehr stehe man in ständigem Austausch, und die Nachbereitung dieser Übung biete die beste Gelegenheit dafür. 2002, erinnerte sich Mattauch, sei die Feuerwehr das letzte Mal zu einer derartigen Übung im Schloss gewesen. Gern habe man diesmal wieder die Gastgeberrolle übernommen.

Sowohl Holzwarth wie auch Dollase zeigen sich schließlich rundum zufrieden mit dem Verlauf der Übung, mit dem ruhigen, zielorientierte Vorgehen der 41 Feuerwehrleute und 21 Helfer von Rotem Kreuz und Maltesern.

Quelle: Winnender Zeitung vom 24.04.2023

Gleich wird die Drehleiter an das Fenster zu einem Zimmer herangefahren, aus dem eine weitere Person „gerettet“ wird. © palmizi