72-jähriger Tüftler will Werkstatt für Modelllok-Antriebe wieder einrichten / Trost: Alle Fotos sind gerettet
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Von unserem Redaktionsmitglied Regina Munder
Winnenden. Ein Feuer hat Anfang Februar die Werkstatt von Albert Munz zerstört. Der 72-Jährige will sich von dem herben Schlag aber nicht unterkriegen lassen: Wenn die gemieteten Räume an der Gerberstraße renoviert sind, wird er wieder seine speziellen Achsantriebe für Modellbahnloks bauen. Momentan wurmt ihn am meisten, dass sein Fotoapparat zerstört und das gleiche Modell nicht lieferbar ist. „Aber immerhin sind alle meine Fotos gerettet.“
Beißender Geruch verkohlten Holzes empfängt einen noch immer, wenn man die Treppe ins Obergeschoss des Werkstattgebäudes emporgestiegen ist und die drei Räume betritt. Mehr als zwei Monate nach dem Brand ist endlich alles für die Renovierung vorbereitet. Die Wände sind nackt, der Putz musste herausgeschlagen werden. Erneuerte Stromkabel hängen wie vergessen aus der Wand – harmlos im Vergleich zum Bild kurz nach dem Feuer: „Die Kabelkanäle waren aufgerissen, die Kupferdrähte hingen herunter“, schildert Albert Munz. Und entdeckt freudig, dass der Telefonanschluss auch noch vorhanden ist.
Etliche Dachbalken sind kohlrabenschwarz und stinken noch immer. Sie werden vom Zimmermann durch neue ersetzt, der Rest gereinigt, eine Zwischendecke kommt noch hinein. Der Vermieter, Rudolf Enßle, hatte mehrmals Gutachter von der Versicherung da. Bis sie grünes Licht für die Renovierung geben, das dauert. Sie gucken zudem drauf, dass so günstig wie möglich saniert wird. Sie wollen auch, dass die Besitzer des Gebäudes den Aufpreis für die modernen Fenster selber zahlen.
Auch die Kriminalpolizei untersuchte den Brandort, vier Stunden lang, allerdings haben sie die Ursache nicht gefunden. Anzeichen für Brandstiftung hatte die Polizei von Anfang an keine.
Vier Tage durften der Tüftler und der Vermieter die Räume nicht betreten. Dann kam der richtige Schock, Albert Munz hat wie betäubt verklumpte Styroporschachteln und unter Wasser gesetzte Unterlagen, den ganzen Schlamassel eben, mit dem Fotohandy festgehalten. „Da hat man kein Gefühl für tolle Fotos. Wenn man den Bettel sieht, will man bloß raus.“
Nach der Vesperpause: „Hoppla, da stinkt’s“
Albert „Bädde“ Munz sieht jetzt nach vorne, die schlimmste Zeit hat er hinter sich. An den 3. Februar, einen Dienstagabend, erinnert er sich trotzdem noch genau: „Ich war knapp eineinhalb Stunden nicht da, war beim Vespern.“ In dieser kurzen Zeit muss sich das Feuer in einem Stapel verpackter Gegenstände entzündet haben. Im mittleren Raum der Werkstatt. „Wie das geht, ist mir bis heute ein Rätsel“, sagt er. Als er um 19.15 Uhr zurückkehrte, um weiter an einem Antrieb zu arbeiten, hat er sich nur gewundert, warum das Licht nicht brennt. „Ich habe die erste Tür aufgemacht und gedacht: Hoppla, da stinkt’s. Als ich die zweite Tür öffnete, kam mir dicker Rauch entgegen. Ich habe sie schnell zugemacht und mit dem Handy die Feuerwehr angerufen.“ Albert Munz hatte Glück im Unglück: Die Feuerwehrleute übten gerade und waren in der Nähe: „Die waren total schnell.“
Damit der Rauch schnell abzieht, schlugen die Feuerwehrleute laut Munz die Scheiben ein. Das schützende Glas fehlte später: „Viele Teile in Schachteln waren noch gut, aber mit dem Wasser darin sind sie bei dem Frost im Februar eingefroren. Ich konnte sie nicht einmal herausnehmen.“ Albert Munz hat eine Heizung installiert und Brauchbares im Erdgeschoss des Gebäudes getrocknet. „Vieles ist dennoch verrostet. Bis auf Räder und Achsen aus rostfreiem Stahl. Da hat sich die bessere Qualität bezahlt gemacht.“
Was haben seine Kunden zu den plötzlichen Lieferschwierigkeiten gesagt? Albert Munz liefert seine Sonderanfertigungen in 40 Länder. „Ich konnte sie vertrösten. Modelleisenbahner sind geduldig, und als sie erfuhren, dass es gebrannt hat, hatten sie auch Verständnis. Die meisten sind froh, dass ich weitermache.“ Gerettete Restbestände hat er kürzlich bei einer Ausstellung verkauft. „Weil die Leute nicht wissen, wann sie von mir wieder Antriebe bekommen, haben sie gleich mehr genommen.“
Was ihn erleichtert hat, sind die geretteten Daten. „Die Festplatte im Hauptrechner war im Schreibtisch und hat nichts abgekriegt. Und die vielen alten CDs, die mein Peter Schmid aus dem Dreck aufgesammelt und vorsichtig gereinigt hat, waren wieder lesbar. Toll! Darauf sind viele Hundert Bilder und vieles andere. Auf dem Rechner dagegen waren nur die Fotos der vergangenen zwei Jahre.“
Albert Munz fotografiert am liebsten Musiker bei ihren Auftritten, hat einen großen privaten Fotoschatz. Jeden Samstag hilft er bei der Jazz Society mit, baut die Tonanlage auf und porträtiert die Menschen, die aus aller Welt nach Stuttgart kommen. Jetzt muss bloß noch sein Lieblingsfotoapparat lieferbar sein. Dann sieht die Welt von Albert Munz wieder wesentlich besser aus.
Genaue Schadenshöhe noch unklar:
Die Werkstatt an der Gerberstraße wurde zwischen 1952 und 1955 gebaut. Im Erdgeschoss war der Trockenraum, im Obergeschoss das Fertiglager der Gerberei von Rudolf Enßles Vater. Bei dem Brand am 3. Februar schätzte die Polizei den Schaden auf 80 000 bis 100 000 Euro. Dabei wird es nach heutigem Wissensstand mindestens bleiben. Auf der etwa 50 Quadratmeter umfassenden Etage befanden sich unter anderem Spezialmaschinen, Computer und eine Fotoausrüstung. Wie hoch der Schaden genau ist, kann Albert Munz noch nicht sagen, aber weil er regelmäßig Inventur macht, konnte er aufführen, was kaputt ist. Am 24. Januar 2008 haben wir ein Porträt über Albert Munz veröffentlicht. Anlass war die Ehrung der Privaten Modellbahnervereinigung Winnenden (PMW): Sie hat ihm die Ecke mit der Zahnradbahn gewidmet und „Monte Bädde“ getauft. Quelle: Winnender Zeitung vom 17.04.2009
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 Albert Munz zeigt, wie extrem verkohlt die Holzbalken über dem Brandherd sind. Sie werden demnächst erneuert. Bild: Bernhardt (Winnender Zeitung)  Vom Feuer verwüsteter Aktenschrank in Albert Munz’ Werkstatt. Bild: Munz  32 Feuerwehrleute waren rasch an der Gerberstraße. Sie sind um 19.25 Uhr alarmiert worden, einige hatten gerade eine Übung. Archivbild: Schneider (Winnender Zeitung) |
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